In Cheb/Eger gibt es noch immer nur eine „Burg“ – den Hauptsitz des deutschen Rezessionsunternehmens Schlaraffia. Es handelt sich um ein einzigartiges Denkmal, das von der Existenz einer halb vergessenen Tischgesellschaft in Böhmen zeugt. Der Hauptsitz des Egerer Unternehmens Schlaraffie befindet sich in der Vrbenského-Straße Nr. 14 und heute finden wir den Hus-Chor in der Vrbenského-Straße (unter dem Krankenhaus). Das schon von außen interessante Haus wurde von der in Cheb ansässigen Rezessionsfirma Schlaraffia gebaut. Es handelt sich um die einzige erhaltene authentische Burg in der Tschechischen Republik. In Jablonec nad Nisou gab es noch ein weiteres, das bereits abgerissen wurde. Auch die Innenausstattung dieser Hütte ist in Cheb erhalten geblieben, was wirklich einzigartig ist. Einige Reliquien befinden sich im Cheb-Museum (z. B. ein Schwert) und im Archiv (Fotoalbum). Andeutungen von Zinnen erinnern an eine mittelalterliche Burg, über dem Eingang ein Wappen mit der geheimnisvollen lateinischen Inschrift „In arte voluptas“. Die lateinische Inschrift, die auf Tschechisch lautet „Es gibt Freude an der Kunst“, sowie die allgegenwärtige göttliche Eule Uhu.
Sitz der Egerer Schlaraffia Gesellschaft
Schlaraffia wurde am 1. Oktober 1859 als reiner Männerverein von Schauspielern des Deutschen Theaters (Ständetheater) in Prag unter der Leitung ihres Direktors Franz Thomé (1807–1872) gegründet. Die Mitglieder des Vereins pflegten Freundschaft, Kunst und Humor mit dem Ziel, den Alltagssorgen zu entfliehen. Die Idee der Schlaraffie verbreitete sich rasch über Prag hinaus und es wurden weitere Zweigstellen – sogenannte Reiche – nicht nur in deutschsprachigen Ländern gegründet, sondern auch an Orten, wo es größere Gruppen deutschsprachiger Menschen gab, beispielsweise in Nordamerika. Die zweitälteste ist Berolina und die dritte ist Lipsia. Die Arbeitssprache des Vereins ist Deutsch und das sogenannte Schlaraffenlatein, das wie viele andere Aktivitäten des Vereins an die mittelalterliche Tradition anknüpft bzw. diese parodiert. Im 19. Jahrhundert wurde sogar eine Datierung drei Jahrhunderte zurück verwendet, später setzte sich jedoch die Datierung ab der Vereinsgründung, also ab 1859 (mit der Bezeichnung a. U.), durch.
Die Cheb Schlaraffia Egra wurde am 21. Dezember 1902 gegründet und war bis 1938 in Betrieb, als die Region Eger an Nazi-Deutschland angeschlossen wurde. Die „Mutter“ von Egra war die 1888 gegründete Schlaraffia Pilsnea mit Sitz in Pilsen. Egra erhielt die Seriennummer 148. Die Mitglieder des Vereins stammten aus der Oberschicht von Eger und die Egerer Schlaraffia erreichte ihre größte Ausbreitung um das Jahr 1930, als ihr 52 Mitglieder beitraten. Die Egerer „Burg“ – Stauffeburg (Schloss Stauff) wurde 1913 vom bedeutenden Egerer Architekten Franz Kraus – dem Autor u. a. der Egerer Jugendstilbibliotheken – entworfen und erbaut. Sowohl das Äußere der Egerer Burg – die gotischen Zinnen auf dem Dachboden des Hauses – als auch die erhaltene Innenausstattung und Ausstattung, die dem neuromanischen und neugotischen Stil zuzuordnen ist, verweisen auf die ritterliche Tradition. Allgegenwärtig ist auch der Virginia-Uhu, ein Symbol der Weisheit, das es auch in das Wappen von Reych Egra geschafft hat, wo – in Anlehnung an das Wappen der Stadt Cheb – der Adler durch eine Eule mit ausgebreiteten Flügeln ersetzt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Schlaraffia in Cheb aufgrund der Deportation der deutschen Bevölkerung nicht wiederhergestellt und das Gebäude 1947 ausgeliehen und 1950 der Tschechoslowakischen Hussitischen Kirche übergeben, die dort noch heute residiert. Erfreulicherweise steht die Cheb Staffenburg seit April 2020 unter Denkmalschutz.
Foto 1: Innenansicht des Egerer Sitzes der Schlaraffia GeselschaftFoto 2: Detail des Prunkschwertes der Schlaraffia Geselschaft in EgerFoto 3: Emblem der Schlaraffia Geselschaft in Eger.